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Berlinale - Altes Zelluloid
Was die Berlinale diesmal als Retro anbietet, ist ja für sich genommen nicht mal mehr das Bohren dünner Bretter, sondern einfach vollkommen unambitioniert. Buñuel ist ja ganz nett, aber einfach mal filmhistorisches Standardprogramm und was nicht eh laufend gespielt wird, ist meist auch nicht so dolle. Die Mexikofilme sind zumindest teilweise eher handwerklich hochwertiger Ausdruck der Geldnot Buñuels als Meilensteine der Filmgeschichte. Aber nun gut, wenn die meinen. Den Besuch bei einigen der Filme kann man sich einstweilen sparen und den Videorekorder auf 3Sat tunen.

Anders schaut es mit der Hommage aus, die sich einem der ganz grossen des europäischen Kinos widmet - Francesco Rosi. Dass der Name vielen trotzdem nichts sagt und allerhöchstens die Sciascia-Verfilmung Cadaveri eccelenti (aka Die Macht und ihr Preis) einen gewissen Wiedererkennungseffekt zeitigt, erstaunt irgendwie, wenn man bedenkt, dass Rosi so was wie der italienische Ken Loach ist. Und filmisch bisweilen eher ambitionierter.

Rosi hat begonnen als Regieassi bei Visconti. Die 60er Jahre und das verbreitete Interesse für Sozialrebellen (das bekannteste Beispiel ist das Buch von Hobsbawm) bildeten den idealen Boden, auf den ein Film wie Salvatore Giuliano fallen konnte. (Nebenbei sei gesagt, dass sich in dieser Richtung noch einige Filme der Wiederentdeckung harren, wie etwa Carlo Lizzanis Banditi a Milano von 1968).

Rosis süditalienische Herkunft zieht sich wie ein roter Faden durch sein Werk - ob in den Mafiafilmen, die nie nur Mafiafilme sind, sondern immer auch Filme über das vom dauernden Ausnahmezustand geprägtes System Italiens der 60er/70er Jahre, den Literaturadaptionen wie Cristo si è fermato a Eboli (aka Christus kam nur bis Eboli; nach Carlo Levi) oder La tregua (aka Die Atempause; nach Primo Levi) und schliesslich der späten Dokumentation Diario napoletano (Neapolitanisches Tagebuch).

Mit Rosi kann man die Position eines im Umfeld des PCI angesiedelten Filmemachers sehen, der eines der filmischen Ballungszentren links-intellektueller Filmkultur der 70er Jahre wurde. Und wie Leonardo Sciascia dürfte man in Rosi wohl auch einen Exponenten der kulturellen Auswirkungen entdecken, die die ihrerseits vom Operaismus inspirierte Microstoria entwickelte. Die räumlich-zeitlich begrenzte Recherche war danach selten so politisch aufgeladen.

Sehr lesenswert zu Rosis Filmographie ist noch immer Georg Seeßlens kluger Text über Rosi von '87 klick und anlässlich der Hommage reflektiert Ekkehard Knörer über Nähe und Abgrenzungen von Rosis Cine-inchiesta zum Detektivkino klick.

orcival 8. Februar 2008 (0 Shpiel) gefangen in Bildern der Kamera
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