Obwohl Gertie the Dinosaur definitiv nicht der erste und früheste Cartoon ist, kommt dieser Film und mit ihm die zwei drei Vorläufer, die McCay vorher präsentiert hatte, eine wichtige Rolle in der Geschichte des Animationsfilms als Cartoon zu. Die Filme Emile Cohls und seiner europäischen Kollegen sind in weit stärkerem Masse dem Experiment mit Film als neuem Medium zuzurechnen. McCays Arbeiten zeichnet hingegen aus, dass er künstlerischen Anspruch und den Willen zur Unterhaltung in einer Weise verband, wie dies in Deutschland erst etwa zehn Jahre späte Lotte Reiniger unternahm.
Zugleich ist Gertie ein belebtes Beispiel für die fruchtbare Grenzüberschreitung zwischen Comic und (Animations-)Film, die auch die Entstehung Gerties beschreibt: Nachdem McCay, der zuvor vor allem als Cartoonist beziehungsweise Comic-zeichner gearbeitet hatte, 1906 angefangen hatte, seine Vaudeville Auftritte mit Kreidezeichnungen zu begleiten (chalk talks), stellte er 1911 mit Little Nemo in Slumerland seinen ersten Film vor. Wie Gertie the Dinosaur ist Little Nemo eine Mischung aus „Real“- Film und animierten Sequenzen. Auch für Gertie waren Varietés zunächst der wichtigste Vorführort und die heute überlieferte Fassung ist angeblich erst später entstanden, indem McCay den Film mit Realfilmsequenzen versah, um ihn unabhängig von seiner Person zu machen.
Die „Handlung“ des Films besteht darin, dass McCay im Realfilm eine Wette ab-schließt, dass es ihm gelingen wird, mit Zeichnungen einen Dinosaurier wieder zum Leben zu erwecken. Zugleich gibt der Film - wie auch Little Nemo einen anschaulichen Einblick in den Aufwand eines Animationsfilmes, indem er die zahllosen Zeichnungen, derer es für einen Animationsfilm bedarf ins Bild setzt.
Medientheoretisch ist das spätere Hinzufügen der Realszenen insofern interessant, da die Möglichkeit, Film an mehreren Orten gleichzeitig einzusetzen, meist als charakteristisch für das Medium gilt. Das einfügen der Sequenzen markiert den Eintritt in das "Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit" und die Verlagerung aus dem Variete in das Kino eine der wichtigsten Wenden des Mediums selbst.
Gertie kann man wie so vieles .
Einen Überblick über Leben und Werk McCays findet man hier. Den Eintrag zum Comicautor in der Lambiek-Comiclopedia findet man hier.
Offline sind die wichtigsten Ressourcen wohl
John Canemaker: Winsor McCay: His Life and Art, New York 1987
und Leonard Maltins: Of Mice and Magic New York 1982 (dt.: Der klassische amerikanische Zeichentrickfilm in der Heyne Filmbibliothek).
orcival
21. März 2008
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