Während der Ton das Thema Frauenhandel behandelt, werden die ErzählerInnen in ihrem Alltag gefilmt, was dem Film vielschichtiger werden lässt, als sich beinahe zwangsläufig die Frage nach dem Verhältnis von Bild und Ton einstellt.
Der Zwiespalt zwischen Dokumentariät und Fiktion wird durch den unnatürlichen Eindruck unterstützt, den die nachträgliche Synchronisierung des Films erzeugt. Diese Künstlichkeit in Verbindung mit der sich sachlich nüchtern gebenden Bildsprache (Kamera: Jo Molitoris) erzeugen aller Dokumatarität zum Trotz eine Art von Suspense und unbehagen, der eine viel stärkere Argumentation zulässt als es der Voyeurismus üblicher Fernsehbilder zum Thema zulässt.
Salomonowitz' Zusammenarbeit mit der österreichischen NGO LEFÖ bei der Erarbeitung des Themas, die Art wie sie aus den Einzelgeschichten beispielhafte Erzählungen kondensiert hat und diese unsentimental, aber mit grossem Gespür für den Einsatz ihrer Mittel umsetzt, all dies macht "Kurz davor ist es passiert" zu einem der positiv auffallenden Exemplare des bislang eher zweispältigen diesjährigen Forums.
Auf formaler Ebene ist "Kurz davor ist es passiert" Teil eines der vielversprechendsten Trends im deutschsprachigen Kino, den man als "Narrative Dokumentation" bezeichnen könnte. Womit Salomonowitz' Film in einer Reihe mit Alexandra Sells "Durchfahrtsland", der letztes Jahr einer der Höhepunkte des Berlinale Forums war, und Judith Keils und Antje Kruskas Filmen "Der Glanz von Berlin" und neuerdings "Dancing with myself" zu sehen wäre.
Das Publikumsgespräch nach der Vorführung im Arsenal dürfte definitiv zu den Hochpunkten dieses Jahres gehören, da es endlich einmal durchweg gelang, den Film nicht durch willkürlich an den Film herangetragene Absurditäten des Moderators zu zerschwafeln.
orcival
12. Februar 2007
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gefangen in Bildern der Kamera
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