Zu den interessantesten (und in ihren Auswirkungen - was die Rezeption hierzulande angeht - zwiespältigsten) Mythen Israels gehört der Nimbus des Mossad. Irgendwo zwischen dem Nimbus der unsichtbarer Unbesiegbarkeit und Projektionsfläche für das antisemitische Klischee "jüdischer Rache" werkelten Anfang der 60er Jahre ein paar Hanseln vor sich hin. Wer Hanna Yablonkas Buch über den Eichmannprozeß gelesen hat, ahnt wie weit Mythos und Wirklichkeit auseinanderklaff(t)en.
Einer der Menschen, an die man sich halten sollte, wenn man die filmische Mitarbeit am Aufbau des Bildes des Mossad und der Zahal würdigen möchte ist Menahem Golan. Dessen Filme vor allem der 70er Jahre wie Mivtsa Yonatan (Operation Thunderbolt) zeigten, dass man sich um seinen Arsch Sorgen machen sollte, wenn man sich an Israel vergreift. Eine Ansage, die in der Zeit gar nicht oft genug gemacht werden konnte.
Der Anlass für diesen Artikel ist übrigens der Hinweis, dass heute abend in Hamburg auf dem Filmfest Hamburg ein Film Deutschlandpremiere feiert, der sich des seltenen Unterfangens befleissigte, eine Agentenbiografie aus jener Zeit nachzuzeichnen: Champagnerspion von Nadav Schirman. (Leider schaffe ich es wohl kaum, mal eben nach Hamburg zu sputen und hoffe daher auf einen Filmstart...) Schirmans Film handelt vom Leben des He'ev Gur Arie, der Mitte der Sechziger Jahre in Ägypten als Spion verhaftet wurde, nachdem er unter dem Alias Wolfgang Lotz jahrelang in Ägypten gelebt hatte. Interessanterweise scheint dabei gerade die angebliche Nazivergangenheit von Lotz ein Türöffner gewesen zu sein; zumal Nasser sich alter Nazis bediente, um seine Vernichtungsphantasien gegen Israel vorzubereiten.
Wie dichtete Tom Lehrer zu etwa gleicher Zeit? "Call him a Nazi, he won't even frown. // 'Ha, Nazi Schmazi,'; says Wernher von Braun. // Don't say that he's hypocritical, // Say rather that he's apolitical. // 'Once the rockets are up, who cares where they come down? // That's not my department,'; says Wernher von Braun.".
Und weil ich schon am Schreiben bin: als es mich letztens von einem Film gelockt auf eine Veranstaltung zum "Deutschen Herbst" verschlug, die allerdings schlussendlich eher von der "Opa, erzähl uns von damals"-Art war, fiel mir auf, dass der Libanonkrieg 1982 eine äusserst kathartische Wirkung auf die europäische Linke gehabt haben muss: viele Knallos waren ja nach 1967 dermassen antizionistisch gewendet, dass sie sich prompt in den Libanon begaben - und natürlich draufgingen. Da sage noch jemand Kriege hätten nicht manchmal evolutionäre Bedeutungen...
orcival
29. September 2007
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