Die zweite Ãœberraschung besteht danach wohl darin wie wenig propagandistisch "Das unsterbliche Herz" dem zu Recht berüchtigten Harlan geraten ist. Harlans Umsetzung des historisch fiktiven Aufeinandertreffens des Schlossergenies Henlein und des Geographen Martin Behaim im Nürnberg des 15. Jahrhunderts. Martin Behaim ist im Begriff die Vermessung der Welt auf einem Globus zu festzuhalten, als ein Schiff unter seiner Leitung Schiffbruch erleidet. Als er vom Schiffseigner daraufhin verklagt wird, verweist er auf die Unmöglichkeit das Schiff ohne genauen Anhaltspunkte zu navigieren. Dazu aber hätte er aber einer Uhr bedurft. Da die mechanischen Uhren der Zeit jedoch ausnahmslos Pendeluhren waren, blieb ihm nur seine Sonnenuhr. Nach einer Intervention Henleins zu Martin Behaims Gunsten wird dieser schliesslich freigesprochen, eine neuerliche Expedition jedoch an die Erfindung einer Uhr geknüpft, die seetauglich ist.
Sogleich macht sich der geradeerst bei einem Unfall angeschossene Henlein daran, diese Uhr zu konstruieren. Als er erfährt, dass ein Fragment der Kugel mit der er angeschossen wurde, im Körper verbleiben ist und sein Herz bedroht, gerät die Erfindung zu einem Wettlauf mit der Zeit.
Veit Harlans Film läߟt sein Herstellungsdatum am ehesten in der Wahl der Metaphern erkennen, mit denen seine Protagonisten ihr Handeln motivieren. Der von Henlein wiederholt beschworene Vergleich seines Handels mit dem eines Soldaten, der sich für "höhere Werte" opfert und die überlegene Haltung die der kühle rationale Techniker Henlein gegenüber der sonstigen in religiösen Aberglauben befangenen Welt einnimmt, alldies läߟt die nationalistisch-modernistische Seite des NS im Film erkennbar werden. Visuell bringt eine Einstellung gegen Ende des Films diese Tendenz auf den Punkt,wenn Henlein kurz vor seinem Tod mit seiner Mutter spricht und die Kameraeinstellungen die körperlichen Gröߟenverhältnisse zusätzlich überhöht und Henlein in starker Untersicht filmt, während man mit Henlein auf seine gläubige Mutter herabblickt.
Harlans Film ist ein recht gutes Beispiel für die These, dass das Unterhaltungskino im Nationalsozialismus mit nichten Propagandakino war, sondern viel eine nur graduelle Steigerung der ideologenen Subtexte gegenüber dem Unterhaltungskino in anderen Kontexten darstellte. Der Blick auf B-Kino dieser Art hat seinen Sinn ja oft nicht zuletzt darin, dass die eher eindimensionale Handlung und die zwar handwerklich nicht zu beanstandende Inszenierung, die aber auch kein allzu grosses ästhetisches Surplus bietet, den Blick auf diesen Subtext weniger verstellt.
Unter dem Blickpunkt der Frauenrollen etwa, die weitgehend von einem tändelnden religiös oder liebend gewendeten Schwärmerinnentum sind, scheint mir der Unterschied selbst zu einem Meisterwerk wie Jean Renoirs in gänzlich anderen Umständen aber etwa zeitgleich entstandener "La règle de jeu" durchaus Vergleichspunkte zu bieten.
orcival
12. November 2007
(0 Shpiel)
gefangen in Bildern der Kamera
... your shpiel!
... link