Es ist ein seltsamer Film, den Jean Renoir da mit "La fille de l'eau" gedreht hat.
Äusserlich besteht die Handlung darin, dass Gudule (gespielt von Renoir damaliger Frau Catherine Hessling) nach dem Tod ihres Vaters, durch ihren brutalen Onkel in eine Reihe von Notlagen gestürzt wird.
Der Film ist jedoch eher eine Folge von Sequenzen als stringent verbunden.
Viele Elemente von Renoirs Filmen der 30er Jahre wie z.B. "Partie de champagne" sind in "La fille de l'eau" schon angelegt. Mit "Partie de champagne" verbindet den Film unter anderem die Art wie Renoir slapstickhafte Elemente in eine nicht-komödiantische Handlung integriert; oder auch die Art und Weise wie die Natur in die Handlung einbezogen wird.
Es überrascht, wie sehr Renoir bereits in "La fille de l'eau" Bilder von grosser räumlicher Tiefe erzeugt, obwohl ihm das Kamera-technische Mittel der Schärfentiefe für die es der stärkeren Scheinwerfer bedurfte, die erst mit verstärkten Etablierung des Technicolor Farbverfahrens entwickelt wurden, noch nicht in dem Masse zur Verfügung stand wie er es beispielsweise in "La regle du jeu" nutzt.
Kurz gesagt: Technisch ist dieser Film brilliant. Seien es die schnellen Schnitte, die in einigen Sequenzen stark den Verdacht erwecken, Eisenstein könnte hier ein Vorbild gehabt haben; sei es der sehr graphische Bilder generierende Lichteinsatz.
Vollends überwältigt von Renoirs und Jean Bachelets (Kamera) Kunst wird man spätestens in der berühmten Traumsequenz, die Gugule in einer Nacht unter offenem Himmel im Fieber durchlebt. Tricktechniken, innovativer Lichteinsatz und und und....
Der Film mag also seine Schwächen haben, was die Handlung angeht, aber die ästhetischen Qualitäten machen ihn auf alle Fälle zu Pflichtprogramm für jede(n), die/der ein Herz für die frühen Jahre des Films hat.
Der Film ist auf einer DVD erhältlich auf der sich neben "Sur un air de charleston" auch Renoirs Adaption des berühmten Märchens über das Mädchen mit den Schwefelhölzern von Hans Christian Andersen "La petite marchande d'allumettes" findet.
In Renoirs Adaption nehmen die surrealen Fieberträume des Mädchens, in denen sie in der bunten Warenwelt eines Spielzeugladens lebt, während sie am Erfrieren ist eine gute Hälfte des Films ein.
Auf diese Weise verstärkt Renoir die im Märchen eher beiläufige Gegenüberstellung der Innenwelt des Mädchens mit der für sie so unerfreulichen Aussenwelt. Durch einige weitere Details vermeidet es Renoir, das Märchen zum Rührstück verkommen zu lassen.
orcival
13. März 2007
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gefangen in Bildern der Kamera
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