
"The Cemetery Club" beginnt mit einem Disput zwischen Regisseurin Tali Schemesch und ihrer Grosstante Lena über den englischen Titel des Films. Lena insistiert immer wieder darauf, dass der "Club", die "Akademie vom Herzl-Berg", sich nicht auf dem Friedhof sondern im angrenzenden Park trifft.
Der Club besteht aus 20 alten Menschen, die sich jede Woche einmal auf dem Herzl-Berg treffen. Mit Klappstühlen und Picknick zieht die Prozession zu ihrem Tagungsort im Schatten unter einem Baum. Dem Reglement des Clubs zufolge trifft man sich, um sich kulturellen und politischen Themen zu widmen.

Schemeschs Film ist zugleich eine gelungene Dokumentation über die Familie der Regisseurin und das bisweilen humorvolle, bisweilen bewegende Proträt einer Generation, die viel erlebt hat und der Israel viel zu verdanken hat. Mit Bravour gelingt es Cementery Club, mit dem Bericht über den Club, einen Aufhänger zu finden, um einen Film über die Geschichten vor allem der Grossmutter der Regisseurin, Minja, und ihrer Grosstante Lena zu erzählen.
Bislang ist "The Cementery Club" für mich der Film des ersten Halbjahres 2007.
Birgit Glombizas Besprechung aus der TAZ lesen? Dann klick...
orcival
12. Mai 2007
(1 Shpiel)
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In "Wedding in Galilee" gelingt es Khleifi, der neuerdings eher als einer der zwei Regisseure des eher langen und fragwürdigen "Route 181" bekannt geworden ist, ein komplexes Bild der Situation in den palästinensischen Gebieten zu zeichnen. Natürlich ist auch dieser Film nicht objektiv, aber das sollte ein Film zu dieser Region wohl auch nicht sein.
Die Geschichte des Films ist schnell erzählt: ein Dorfältester bittet beim israelischen Militärgouverneur darum, dass die Ausgangssperre für sein Dorf aufgehoben wird, damit er die Hochzeit seines Sohnes ausrichten kann. Schliesslich stimmt der Militärkommandant zu, unter der Bedingung selbst als Gast zu der Hochzeit eingeladen zu werden. Glücklicherweise dient dieser doch eher dünne Plot Khleifi eher als eine Art Aufhänger für eine Vielzahl von Szenen, die sich um das Verhältnis zu Traditionen und natürlich auch um das Verhältnis von Palästinensern und Israelis drehen.
Wedding in Galilee ist definitiv kein fehlerfreier Film und speziell in Sachen sexistische Männerphantasien gibt es reichlich an dem Film zu kritisieren, aber für jeden, der sich in filmischer oder auch eher politischer Hinsicht für Filme aus dem Nahen Osten interessiert, ist der Film auf alle Fälle eine Empfehlung. Zumal er eine für einen arabischen Film relativ zügige Handlung hat und ästhetisch sehr angenehm daher kommt.
Der Film kommt auf einer DVD, auf der auch die kurz Doku "Ma'loul Celebrates Its Destruction" enthalten ist. Diese Kurzdoku ist sehr viel mehr als "Wedding in Galilee" ein allzu politischer Film und nicht zuletzt deswegen auch ein schlechter Film. Interessant ist er - um so mehr falls anders als ich man Route 181 mochte - eventuell dennoch zumindest für seine Archivaufnahmen aus dem israelischen Unabhängigkeitskrieg von 1948. Wie Avi Mograbis "Happy Birthday, Mr Mograbi" ist auch "Ma'loul Celebrates Its Destruction" Ausdruck eines Ringens um Deutungsmacht und Vergessen der nach Massstäben der Region bereits weiter zurückliegenden Geschichte.
Hier findet sich Viola Shafiks wie immer lesenswerter, aber politisch eher uninteressierter Artikel über palästinensische Filme:
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Wenn man hingegen diese Darstellung von den Seiten der palästinensischen Generaldelegation liest, kommt einem doch eher mal wieder das Frühstück hoch. (Abgesehen davon, weiss ich nicht welchen Film die unter der Titelüberschrift beschreiben, aber "Wedding in Galilee" ist es jedenfalls nicht...)
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Das mit dem Frühstück gilt übrigens leider auch für ein Interview mit Michel Khleifi, in dem dieser gegen Zionisten hetzt und menschelt, dass es nur so kracht...
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orcival
9. Mai 2007
(2 Shpiels)
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Verhoevens neuster Streich nach zuletzt eher mässigen Filmen wie "Showgirls" und "Hollow Man - Unsichtbare Gefahr" ist zugleich sein erster in den Niederlanden gedrehter Film seit langem.
"Black Book" schildert das Überleben der holländischen Jüdin Rachel Stein im letzten Kriegsjahr. Rachel ist vorerst bei einer antijudaistisch eingestellten christlichen Familie verhältnismässig sicher untergekommen. (Verhoevens Darstellung des Antisemitismus auch im Widerstand ist überhaupt einer der starken Punkte des Films.)
Als bei einem Luftangriff ihr Versteck zerstört wird und sie beim Versuch ins nicht mehr besetzte Belgien überzusetzen nur knapp als einzige aus ihrer Familie überlebt, kommt sie mit dem Amsterdamer Widerstand in Kontakt. Rachel beginnt unter dem Namen Ellis de Vries für den Widerstand bei der deutschen Besatzungsbehörden zu spionieren. Dabei verliebt sie sich zudem in den Chef des deutschen Sicherheitsdienstes, was die Dinge naturgemäss nicht einfacher macht.

Zwartboek, wie der Film im Original heisst, ist vor allem eine Abrechnung Verhoevens mit dem niederländischen Nationalmythos des Widerstandes. Diesen Mythos zerreisst er mit einer Verve in der Luft, die beinahe beängstigt. Der Schwerpunkt der Auseinandersetzung mit dem Widerstand führt dabei irritierenderweise dazu, dass die deutschen Besatzer seltsam ungeschoren davonkommen.
Dass Daniel Kothenschulte den Film allerdings in der FR als Sexploitation bezeichnet, beweist vor allem dass Kothenschulte offenbar keine rechte Vorstellung hat, was Sexploitation ist. Denn auch wenn durchaus zuzugestehen ist, dass "Black Book" mehr nackte Brüste zeigt als nötig, trennen ihn doch Meilen von solch reaktionären Machwerken wie den Ilsa-Filmen oder den meisten Filmen Jess Francos. Sollte der Begriff jedoch als reine Abqualifizierung des Films gedacht gewesen sein, sei zumindest konstatiert, dass es wenige unappetitlichere Arten gibt, einen Film zu verreissen als ausgerechnet als halbpornographisch.
Dass der Film sehenswert und nicht einfach nur ein Naziuniform-Kostümschinken a la "Der Untergang" geworden ist, verdankt er jedoch zu grossen Teilen seiner Hauptdarstellerin Carice van Houten und deren energischer Schauspielkunst sowie Verhoevens Fähigkeiten als Actionregisseur.
orcival
24. April 2007
(0 Shpiel)
gefangen in Bildern der Kamera
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