Eitan Fox neuer Film nach dem eher durchwachsenen "Walk On Water" beginnt mit einer Standardsituation an einem Checkpoint an der Grenze zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten. Die Soldaten, unter ihnen Protagonist Noam (verkörpert von Ohad Knoller, der auch in Joseph Cedars "Beaufort" mitspielt), durchsuchen die Passagiere eines Reisebusses. In Folge der Aufregung hat eine Passagierin trotz aller medizinischen Hilfe eine Fehlgeburt.
Nach einer Liebesgeschichte in der Armee und einem Dritte-Generation-Film wendet sich Fox in "Ha-Buah" ("The Bubble") einer israelisch-palästinensischen schwulen Liebesgeschichte zu. Denn wenige Tage nach ihrer Begegnung bei dieser Szene am Checkpoint steht der Palästinenser Ashraf vor der Tür von Noam und seiner WG.
Interessant ist "The Bubble" in mehrerer Hinsicht: da ist zum einen die Darstellung der Probleme vor die Ashraf gestellt wird, da er in Nablus nicht offen schwul leben kann, ohne um sein Leben zu fürchten, er zugleich aber nicht legal in Israel leben kann. Zum anderen zeichnet Fox in "The Bubble" anhand von Noams WG, die ausser ihm aus Yelli und Lulu besteht, ein durchaus interessantes Bild vom Alltag der jungen israelischen Linken.
"The Bubble" verknüpft Punkte der beiden vorangegangenen Filme "Walk On Water" und "Jossi und Jagger" in den Nebenfiguren, thematisiert aber auch die Verschiebung des Umgangs mit dem Holocaust. So ist ein gemeinsamer Besuch Noams und Ashrafs des Theaterstückes "Bent" (das unter demselben Titel verfilmt wurde) Anlass für die wechselseitige Darstellung der eigenen Geschichte.
"The Bubble" ist definitiv nicht der grösste aller Filme aber gegenüber den zwei eher nervigen Vorgängern definitiv ein Schritt in die richtige Richtung. Sehenswert ist "The Bubble", der auch durchaus erfolgreich auf der Berlinale 2007 lief, alle Mal.
orcival
27. Mai 2007
(0 Shpiel)
gefangen in Bildern der Kamera
... your shpiel!
... link
Dem vorbestraften Georges Figon, der sich als Verleger und Produzent mehr schlecht als recht über Wasser hält bietet sich eines Tages die Chance seines Lebens: ein Vertrauter des Hoffnungsträgers der antikolonialen Bewegungen Nordafrikas, Mehdi Ben Barka, beauftragt ihn mit der Produktion eines Films über den Kolonialismus, der wenige Monate später eine Konferenz auf Cuba eröffnen soll.
Kurze Zeit später wird Ben Barka unter bis heute nicht engültig geklärten Umständen entführt und ermordet. Der Film des Regieduos Serge Le Péron/ Saïd Smihi versucht sich in der Adaption dieses französischen Skandals der 60er Jahre als Thriller. Der Thrill will sich jedoch nicht recht einstellen...
J'ai vu tuer Ben Barka ist mit seiner eher konventionellen Ästhetik eines modernen Historienfilms eher wegen der sorgfältig recherchierten und interessanten Darstellung der zweifelhaften Methoden sehenswert, mit denen sich die Noch-Kolonialmächte der antikolonialen Bewegungen zu erwehren versuchten. In der Darstellung der Rückkehr der Gewalt aus der Kolonie in das Mutterland hat der Film einige Parallelen zu Alain Tasmas Nuit Noire, 17 octobre 1961.
orcival
27. Mai 2007
(0 Shpiel)
gefangen in Bildern der Kamera
... your shpiel!
... link
Christian Ziewer: "Liebe Mutter, mir geht es gut"
Christian Ziewers Langfilm-Debut von 1971 "Liebe Mutter, mir geht es gut" erzählt von den Lebens- und Arbeitsbedingungen des Schlossers Alfred Schefczyk, der seit seinem Umzug nach West-Berlin als Transportarbeiter in einem metallbearbeitenden Betrieb arbeitet. Er wohnt in beengten Verhältnissen in einem "Wohnheim für westdeutsche und ausländische Arbeiter", in dem er ein Bett gemietet hat.
Der Betrieb, den in dem Schefczyk arbeitet, ist eine Männerwelt voll sexistischer Sprüche und Pin-Up Postern am Spind. Die einzigen Frauen arbeiten in der Materialprüfung und als Sekretärin. Es beeindruckt wie differenziert es Ziewer gelingt, die offiziellen und inoffiziellen Hierarchien (nach Status, Alter, Akkord-Nichtakkord etc) vor allem unter den Arbeitern darzustellen.
Alfred nimmt dabei eine Zwischenstellung ein, denn einerseits ist er seiner Stellung nach nur Hilfsarbeiter, andererseits aber recht beliebt und wegen seiner kritischen Nachfragen auch respektiert. "Liebe Mutter..." geht dabei durchaus auf die Fragwürdigkeit der Vertretung durch Gewerkschaften und Betriebsrat ein. Der Betriebsrat ist sich seiner Ohnmacht gegenüber der Geschäftsleitung auch durchaus selbst bewusst und der gewerkschaftlich geschulte Kollege ist Schefczyk zunächst ebenso suspekt wie den anderen Arbeitern.
Anders als viele seiner Kollegen ist Schefczyk jedoch nicht antikommunistisch, der jeden Versuch politischer Argumentation nur noch Häme übrig hätte. Doch während der Gewerkschaftler in klassisch-taktisch ausgefeilter Weise agitiert, ist Scheffzick eher zögerlich und unorganisiert politisiert. Aber auch er wird immer wieder enttäuscht von der Passivität seiner Kollegen.
"Liebe Mutter..." ist also auch die Geschichte von Scheffzicks Politisierung. Diese Entwicklung wird auch klar, als die Akkordarbeiter nach der willkürlichen Festsetzung neuer Akkordzeiten in den Streik treten. Als nämlich in Folge dieses Streits der Sprecher der Akkordarbeiter gefeuert wird, ist Alfred der einzige der aus Solidarität Unterschriften sammelt.
Dass "Liebe Mutter..." trotzdem nicht so trocken und zeigefingerig ist wie es das Zusammenspiel von Thematik und Entstehungsjahr erwarten lassen, verdankt der Film vor allem, der gelungenen Kombination von realitätsnaher Ästhetik, überzeugenden (Laien-)Darstellern und Kniffs wie den Schrifteinblendungen, mit denen die Handlung gestrafft wird. Diese Einblendungen haben zudem oft die Funktion aus Einzelpersonen Typen zu machen und Hierarchien klarer herauszuarbeiten.
Zu den vielfältigen Kommentarebenen des Films zählt - vor allem im ersten Teil - auch eine Off-Stimme, die Alfreds Handlungen in die grösseren Strukturen einordnet und kritisch begleitet.
Trotz seiner Fokussierung auf weisse, männliche Arbeiter gelingt es Ziewer erstaunlicherweise das Thema "Arbeit und Migration" in gewisser Weise trotzdem mit zu thematisieren: indem er die Ressentiments zeigt, die Schefczyk und seinen Kollegen aus West-Deutschland von Seiten der Berliner Arbeiter entgegen gebracht wird, lenkt er das Augenmerk auf ein Thema, das in Bezug auf Deutschland meist nicht behandelt wird, während es etwa im Zusammenhang von Italien und der Entwicklung hin zum Operaismus breite Berücksichtigung findet.
Leider leider sind die anderen Filme Ziewers, nicht auf Konserve zugänglich und noch immer gibt es nur ein einziges - englisches - Buch zum Thema Ziewer und der Arbeiterfilm: Richard Collins und Vincent Parker: The WDR and the Arbeiterfilm: Fassbinder, Ziewer and others.
Interessant wenn auch eher auf Fassbinders "Acht Stunden sind kein Tag"-Reihe bezogen ist dieses Interview mit Peter Märthesheimer.
Mit den gleichen Einschränkungen siehe auch
Television, Tabloids and Tears - Fassbinder and Popular Culture von Jane Shattuc
orcival
13. Mai 2007
(0 Shpiel)
gefangen in Bildern der Kamera
... your shpiel!
... link
"The Cemetery Club" beginnt mit einem Disput zwischen Regisseurin Tali Schemesch und ihrer Grosstante Lena über den englischen Titel des Films. Lena insistiert immer wieder darauf, dass der "Club", die "Akademie vom Herzl-Berg", sich nicht auf dem Friedhof sondern im angrenzenden Park trifft.
Der Club besteht aus 20 alten Menschen, die sich jede Woche einmal auf dem Herzl-Berg treffen. Mit Klappstühlen und Picknick zieht die Prozession zu ihrem Tagungsort im Schatten unter einem Baum. Dem Reglement des Clubs zufolge trifft man sich, um sich kulturellen und politischen Themen zu widmen.
Schemeschs Film ist zugleich eine gelungene Dokumentation über die Familie der Regisseurin und das bisweilen humorvolle, bisweilen bewegende Proträt einer Generation, die viel erlebt hat und der Israel viel zu verdanken hat. Mit Bravour gelingt es Cementery Club, mit dem Bericht über den Club, einen Aufhänger zu finden, um einen Film über die Geschichten vor allem der Grossmutter der Regisseurin, Minja, und ihrer Grosstante Lena zu erzählen.
Bislang ist "The Cementery Club" für mich der Film des ersten Halbjahres 2007.
Birgit Glombizas Besprechung aus der TAZ lesen? Dann klick...
orcival
12. Mai 2007
(1 Shpiel)
gefangen in Bildern der Kamera
... your shpiel!
... link
In "Wedding in Galilee" gelingt es Khleifi, der neuerdings eher als einer der zwei Regisseure des eher langen und fragwürdigen "Route 181" bekannt geworden ist, ein komplexes Bild der Situation in den palästinensischen Gebieten zu zeichnen. Natürlich ist auch dieser Film nicht objektiv, aber das sollte ein Film zu dieser Region wohl auch nicht sein.
Die Geschichte des Films ist schnell erzählt: ein Dorfältester bittet beim israelischen Militärgouverneur darum, dass die Ausgangssperre für sein Dorf aufgehoben wird, damit er die Hochzeit seines Sohnes ausrichten kann. Schliesslich stimmt der Militärkommandant zu, unter der Bedingung selbst als Gast zu der Hochzeit eingeladen zu werden. Glücklicherweise dient dieser doch eher dünne Plot Khleifi eher als eine Art Aufhänger für eine Vielzahl von Szenen, die sich um das Verhältnis zu Traditionen und natürlich auch um das Verhältnis von Palästinensern und Israelis drehen.
Wedding in Galilee ist definitiv kein fehlerfreier Film und speziell in Sachen sexistische Männerphantasien gibt es reichlich an dem Film zu kritisieren, aber für jeden, der sich in filmischer oder auch eher politischer Hinsicht für Filme aus dem Nahen Osten interessiert, ist der Film auf alle Fälle eine Empfehlung. Zumal er eine für einen arabischen Film relativ zügige Handlung hat und ästhetisch sehr angenehm daher kommt.
Der Film kommt auf einer DVD, auf der auch die kurz Doku "Ma'loul Celebrates Its Destruction" enthalten ist. Diese Kurzdoku ist sehr viel mehr als "Wedding in Galilee" ein allzu politischer Film und nicht zuletzt deswegen auch ein schlechter Film. Interessant ist er - um so mehr falls anders als ich man Route 181 mochte - eventuell dennoch zumindest für seine Archivaufnahmen aus dem israelischen Unabhängigkeitskrieg von 1948. Wie Avi Mograbis "Happy Birthday, Mr Mograbi" ist auch "Ma'loul Celebrates Its Destruction" Ausdruck eines Ringens um Deutungsmacht und Vergessen der nach Massstäben der Region bereits weiter zurückliegenden Geschichte.
Hier findet sich Viola Shafiks wie immer lesenswerter, aber politisch eher uninteressierter Artikel über palästinensische Filme:
klick
Wenn man hingegen diese Darstellung von den Seiten der palästinensischen Generaldelegation liest, kommt einem doch eher mal wieder das Frühstück hoch. (Abgesehen davon, weiss ich nicht welchen Film die unter der Titelüberschrift beschreiben, aber "Wedding in Galilee" ist es jedenfalls nicht...)
klick
Das mit dem Frühstück gilt übrigens leider auch für ein Interview mit Michel Khleifi, in dem dieser gegen Zionisten hetzt und menschelt, dass es nur so kracht...
name
orcival
9. Mai 2007
(2 Shpiels)
gefangen in Bildern der Kamera
... your shpiel!
... link
Verhoevens neuster Streich nach zuletzt eher mässigen Filmen wie "Showgirls" und "Hollow Man - Unsichtbare Gefahr" ist zugleich sein erster in den Niederlanden gedrehter Film seit langem.
"Black Book" schildert das Überleben der holländischen Jüdin Rachel Stein im letzten Kriegsjahr. Rachel ist vorerst bei einer antijudaistisch eingestellten christlichen Familie verhältnismässig sicher untergekommen. (Verhoevens Darstellung des Antisemitismus auch im Widerstand ist überhaupt einer der starken Punkte des Films.)
Als bei einem Luftangriff ihr Versteck zerstört wird und sie beim Versuch ins nicht mehr besetzte Belgien überzusetzen nur knapp als einzige aus ihrer Familie überlebt, kommt sie mit dem Amsterdamer Widerstand in Kontakt. Rachel beginnt unter dem Namen Ellis de Vries für den Widerstand bei der deutschen Besatzungsbehörden zu spionieren. Dabei verliebt sie sich zudem in den Chef des deutschen Sicherheitsdienstes, was die Dinge naturgemäss nicht einfacher macht.
Zwartboek, wie der Film im Original heisst, ist vor allem eine Abrechnung Verhoevens mit dem niederländischen Nationalmythos des Widerstandes. Diesen Mythos zerreisst er mit einer Verve in der Luft, die beinahe beängstigt. Der Schwerpunkt der Auseinandersetzung mit dem Widerstand führt dabei irritierenderweise dazu, dass die deutschen Besatzer seltsam ungeschoren davonkommen.
Dass Daniel Kothenschulte den Film allerdings in der FR als Sexploitation bezeichnet, beweist vor allem dass Kothenschulte offenbar keine rechte Vorstellung hat, was Sexploitation ist. Denn auch wenn durchaus zuzugestehen ist, dass "Black Book" mehr nackte Brüste zeigt als nötig, trennen ihn doch Meilen von solch reaktionären Machwerken wie den Ilsa-Filmen oder den meisten Filmen Jess Francos. Sollte der Begriff jedoch als reine Abqualifizierung des Films gedacht gewesen sein, sei zumindest konstatiert, dass es wenige unappetitlichere Arten gibt, einen Film zu verreissen als ausgerechnet als halbpornographisch.
Dass der Film sehenswert und nicht einfach nur ein Naziuniform-Kostümschinken a la "Der Untergang" geworden ist, verdankt er jedoch zu grossen Teilen seiner Hauptdarstellerin Carice van Houten und deren energischer Schauspielkunst sowie Verhoevens Fähigkeiten als Actionregisseur.
orcival
24. April 2007
(0 Shpiel)
gefangen in Bildern der Kamera
... your shpiel!
... link
"A Day without a Mexican" bzw. "Un Día sin mexicanos" wie der Originaltitel lautet spielt in einer "Was wäre wenn..."-Phantasie durch, was in Kalifornien passieren würde, wenn alle Hispanos für einen einzigen Tag verschwinden würden.
Panik bricht aus und all die bislang "unsichtbare" Arbeit der sonst als ungebetene Gäste empfundenen MigrantInnen wird schlagartig allerorten spürbar. Über weite Strecken gelingt es dem Film erstaunlich gut, die fiktive Situation zu beschreiben und die Balance zu halten zwischen gewollt Absurdem und realitätsnahem Szenario.
Und insgesamt gelingt es dem Film sogar, sich vor allzu kräftiger schwarz-weiss Malerei zu hüten und die meisten Klippen des Themas zu umschiffen. So bricht er seine eigene über weite Strecken recht essentialistische Definition wer "Mexikaner" ist, indem er gegen Ende die als einzige zurückgebliebene Reporterin Lila Rod(riguez) erst in dem Moment verschwinden lässt, als sie zwar erfahren hat, dass ihre Eltern gar keine Mexikaner waren, Lila aber darauf besteht, in ihrem Herzen Mexikanerin zu sein.
Natürlich lebt der Film von seinen mal besser mal schlechter getroffenen Gimmicks, wie dem Fake-Werbeclip für die US-amerikanische Grenzpolizei, in dem diese vollkommen gentleman-like die gefassten MexikanerInnen ins Auto verfrachtet. Den grösste Wermutstropfen des Films stellt dagegen das eher nervige Insistieren auf das Mexiko als Nation durch die USA zugefügte Unrecht dar. Eher irritierend fand ich auch die arg lokalkoloritige Musik, aber das mag Geschmackssache sein...
Der Film basiert auf einer kürzeren Mockumentary, die Regisseur Sergio Arau und Autor Yareli Arizmendi bereits 1998 also sechs Jahre vor der Spielfilmversion realisierten. Trotz der schlechten Wertungen zum Beispiel bei imdb ist "A Day without a Mexican" ein recht sehenswerter Film zum Themenkomplex Migration, Arbeit und Grenzregime.
orcival
19. April 2007
(0 Shpiel)
gefangen in Bildern der Kamera
... your shpiel!
... link
Stephen Hopkins: The Reaping
Warum dreht man solche Filme? Und warum gibt sich Hilary Swank, von der man zuletzt doch besseres gesehen hat, für solches her?
Bevor ich zum Verriss schreite kurz der Inhalt:
Katherine (Hilary Swank) ist eine Wissenschaftlerin an der Louisiana State University, die sich hauptsächlich damit befasst, vermeintliche Wunder auf den Boden wissenschaftlicher Tatsachen zurückzuholen.
Ihr neuster "Fall" führt sie und ihren Kollegen Ben dabei in ein kleines Nest in Louisiana, wo das ganze Dorf Jagd macht auf ein 11-12 jähriges Mädchen seit sich der Fluss rot verfärbt hat.
Ungefähr an dieser Stelle dreht der Film ab und mutiert in einen biblischen Endkampf (inklusive Plagen) zwischen einer satanischen Macht und Hilary Swank als quasi Abgesandte Gottes. Brrrrrr.....
Dabei hätte das Setting in den Sümpfen Louisianas ja eigentlich durchaus einiges hergegeben und auch für eine Reanimation des politisierten US_Horrofilms der 60er/70er Jahre gäb es ja nun Anlass genug, was wiederum ganz hervorragend zu der durchgedrehten Kleinstadt gepasst hätte- jedoch es hat nicht sollen sein...
Zu den gelungensten Passagen des Films gehört noch die Verwischung des Übergangs zwischen Wirklichkeit und Träumen. Das ist zugegebenermassen bei einem "Horrorfilm" nicht sonderlich originell, aber wo nichts ist, muss man halt suchen. Zudem setzt der Film dieses Mittel in solchen Massen und einer solchen Penetranz ein, dass es einfach nur noch nervt.
Geworden ist "The Reaping" nun also ein erzkonservatives, reaktionäres Machwerk. Um dies nur an der Figur der Katherine zu verdeutlichen: warum wenn nicht aus Zwecken der propagierung religiösen Unsinns gelingt es ihr erst als sie ihren ursprünglich doch verlorenen Glauben wiederfindet, gegen das "Böse" zu kämpfen. Und die eher weichseidene Symbolik wird noch unterstrichen, wenn sie unablässig als "(blonder) Engel" bezeichent wird und ihre KLeidung in einigen Schlüsselszenen dann auch noch weiss und betont weiblich (Nachtigall, ick hör dir laufen...) ist, im Gegensatz zu ihrem sonst eher pragmatischen Auftreten.
Bevor ich mich weiter ereifere: "The Reaping" ist definitiv ein FIlm bei dem man seine Penunzen in der Tasche lassen sollte.
orcival
12. April 2007
(0 Shpiel)
gefangen in Bildern der Kamera
... your shpiel!
... link
Zu den Filmen, die mir bei der disejährigen Berlinale entgangen waren, zählte auch Bettina Blümners "Prinzessinnenbad". Der von Arte und dem rbb koproduzierte Film handelt von drei 15-jährigen Freundinnen, die rund um den Görlitzer Park wohnen.
Womit wir bei ersten Unklarheit des Films wären: es bleibt nämlich unklar, warum der Film "Prinzessinnenbad" (was auf das Prinzenbad, an der Prinzenstrasse anspielt) heisst, wenn eher wenige Szenen im Schwimmbad spielen. Brauchte der Film einfach nen Titel?!
Nun denn... der Film zeigt die drei Freundinnen Klara, Mina und Tanuscha bei ihrem Leben im Kiez mit ihren Problemen und Problemchen, Beziehungen, Dorgen, Sex, (kein Rock'n'Roll - da warn die nicht mal geboren...) und der Schule.
Wie viele Filme, die sich auf ihre Protagonisten konzentrieren steht und fällt auch "Prinzessinnenbad" mit diesen; um so mehr kommt das Hauptproblem des Films zum Tragen, dass der Film zu wenig über die blosse Aneinanderreihung von Anekdoten hinausgeht und sich meist im Zeigen erschöpft.
Was zusammen mit - vermutlich der Formatvorgabe der Sender geschuldeten - 90 Minuten, die mindestens 15 zu lang sind, der Wirkung des Films einen vermeidbaren Dämpfer versetzt.
In technisch-formaler Hinsicht sei ergänzt, dass der Film im allgemeinen durch (was für ein schrecklicher Ausdruck) atmosphärisch gut gewählte Musik gefällt und dies nur in einer einzigen Szene - der letzten - wirklich richtig versemmelt. Das prätentiöse Gitarrengeschrummer gibt dieser Szene, in der die drei Protagonistinnen ihre Pläne fürs nächste Jahr schildern, eine paternalistischpaternalistisch sozialarbeiternde Konventionalität, die - so wenig der Film ihr insgesamt entspricht - einen schalen Geschmack hinterlässt.
Dass der Film all dies überlebt und trotz alledem sehenswert bleibt - das allein spricht für sein Potential. Man darf gespannt sein was Bettina Blümner als nächstes vor die Kamera nimmt. Dem Film sollte man wohl wünschen, dass ihn möglichst viele Menschen mit echtem Interesse sehen und nicht mit blossen Rütli-erwartendem-"mal guckn, wat die da so machen, die armen, die in Kreuzberg leben müssen..."-Blick gucken.
Website des Films mit Trailer
orcival
12. April 2007
(2 Shpiels)
gefangen in Bildern der Kamera
... your shpiel!
... link
Nun nur noch kurz der Hinweis, dass morgen Abend um 21:15 auf 3Sat mal wieder Alexandra Sells grossartige Doku Durchfahrtsland läuft.
Der Film schildert mit einer bisweilen durchaus bissigen Ironie das Leben einiger Menschen aus dem Sauerland. Skurille Erbfeindschaften zwischen zwei Gemeinden und ein Pfarrer mitten drin, eine Autorin für Krimis mit heftigem Lokalkolorit und ein Junge, der kein Bock auf Komasaufen hat, sondern lieber kreativ werden will sowie ein Deutsch-Italiener mit ausgeprägtem Hang zum Vereinswesen, das ist das Personal des Selles Film bevölkert.
Dabei ist der Film eine beinahe expeditionsartig Erschliessung einer Art Landschaft, die man oft spöttisch übergeht. Die grosse Leistung des Films ist es daher, die Balance zu treffen zwischen einem Blick fürs Skurille und einer grossen Liebe für die Personen, die den Film davor bewahrt, sich über sie lustig zu machen.
Wer narrative Dokumentationen wie die von Judith Kreil und Antje Kruska (Der Glanz von Berlin und zuletzt Dancing with Myself) mag, dem/der sei Selles Film wärmstens empfohlen.
01.04. 21:15 3Sat Durchfahrtsland
orcival
31. März 2007
(0 Shpiel)
gefangen in Bildern der Kamera
... your shpiel!
... link