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aufsmaulsuppe

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Pier Paolo Pasolini und Lotta Continua: 12 dicembre
Hierzulande dürfte wohl bei kaum jemanden etwas klingeln, wenn das Datum des 12.12.1969 genannt wird. In Italien sieht das anders aus, ist doch das Attentat rechtsradikaler Terroristen auf die Agrarbank in Mailand, das an diesem Tag verübt wurde, in vielerlei Hinsicht eine der wichtigsten Zäsuren bei der Entstehung der Neuen Linken in Italien.
16 Tote, bis zu 90 Verletzte und 4000 Verhaftungen - diese Bilanz lässt erahnen, was für ein Schock das Attentat selbst und die folgende Repressionswelle waren.



Als direkte Reaktion auf das Quasi-Zusammenbrechen der italienischen 68er-Linken unter der Repression in Folge dieses Attentats und in der Folge der legendären Streiks im Fiat-Werk Mirafiori gründete sich die Gruppe Lotta Continua (Fortgesetzter Kampf/ Der Kampf geht weiter). LC wurde zu einer der bestimmenden Kräfte für die Entwicklungen im Italien der 70er Jahre.

Seit einiger Zeit nun geistert im Zusammenhang dieser beiden Punkte nun eine kleine Filmsensation über italienische Seiten: Pier Paolo Pasolini (meist kurz: PPP) hatte nämlich in der Zeit zwischen Ende 1970 und 1972 in Zusammenarbeit mit LC einen Film über das Attentat auf der Piazza Fontana gedreht. Der Film beginnt mit den - gelinde gesagt - Ungereimtheiten der Ermittlungen (auch dies ein Vorgriff auf die Jahre, die folgen sollten) und bereitet dann das gesamte Panorama der Probleme aus: schlechte Arbeitsbedingungen, die bürgerkriegsähnlichen Kämpfe um Reggio Calabria und das Erbe der Resistenza.



Mit "12 dicembre" liegt also endlich eine Art filmisches Selbstzeugnis vor, das der Entdeckung harrt. Denn bisher wäre man darauf angewiesen, die Kämpfe in Italien durch die Brille des RAI-Journalisten Ugo Gregoretti zu sehen. Diese Filme sind sehr gut und sehr verdienstvoll, aber beschränken sich mehrheitlich auf die 60er Jahre.



Den Film gibt es auf Italienisch runterzuladen. Wenn ich das recht verstanden habe, auf legalem Weg. Sollte ich mich hierin irren, bitte ich um Mitteilung. Der Link würde dann sofort gelöscht.

12 dicembre Allerdings lassen schon die Bilder erkennen, dass es um die Bildqualität des Films nicht zum Besten steht.



Literatur:

Dass es auf Deutsch leider quasi keine Literatur zu LC gibt und sich der deutsche RAF-fixierte Blick immer wieder auf die Avantgarde-Macker von den Brigate Rosse beschränkt, hatte ich hier schon beklagt. Wer Italienisch liest, sei auf Aldo Cazzullo "I ragazzi che volevano fare la rivoluzione" verwiesen.

Serhat von Kanak Attak hat in einigen Texten auf die Bedeutung von LC für die migrantischen Kämpfe in der BRD der 70er Jahre hingewiesen. Am kompaktesten hier (auf der Seite sind dann auch die weiteren Texte verlinkt.)

Zum Attentat auf der Piazza Fontana selbst, ist das meines Wissens sinnvollste Buch, das man auf deutsch lesen kann Luciano Lanzas "Bomben und Geheimnisse - Geschichte des Massakers von der Piazza Fontana" (erschienen in der Edition Nautilus).

Den Hinweis auf den Film verdanke ich dem Archivio '900 und der Seite zum Film des Fondo Pasolini.

Und schliesslich gibt es vom immer wieder gern empfohlenen Online-Politlied-Archiv ildeposito.org den Song Piazza Fontana [Luna Rossa] zum runterladen. Hier gibts zudem den Text (auf Italienisch).

orcival 3. August 2007 (0 Shpiel) gefangen in Bildern der Kamera
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Nachgerufener Nachruf
Wenn dies überhaupt möglich ist, dann ist Michelangelo Antonioni soeben noch in meiner Gunst gestiegen. Nicht nur hat er vor allem in den 60er Jahren ganz wundervolle Filme gedreht, auch hat er 1984 den Videoclip zu dem Gianna-Nannini-Song "Fotoromanza" gedreht.

Das entnehme ich zumindest dem Nachruf, den der Filmnachrufbeauftragte der SZ auf Antonioni verfasst hat. Auf diesen Nachruf hat mich der nette Mensch vom Japankino hingewiesen...

orcival 3. August 2007 (0 Shpiel) gefangen in Bildern der Kamera
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Die Intensität der Einstellung
(statt zweier schwarz-weiss Fotos)
Während ich eigentlich noch damit befasst bin, einen Artikel, der als Nachruf auf Ulrich Mühe begann, zu einem Artikel, der kein Nachruf ist umzuarbeiten, sind nacheinander mit Ingmar Bergman und Michelangelo Antonioni zwei Regisseure gestorben, denen meine Kinobegeisterung viel verdankt.

Anstatt nun also einen Beitrag zu schreiben, der versucht, die Bedeutung der beiden für "das Kino" oder "den Film" zu beleuchten, vielleicht einfach einige Blitzlichter warum ich die beiden, Antonioni vielleicht noch etwas mehr als Bergman, für jede(n), der sich für Film zu begeistern weiss, nach wie vor für relevant halte.

Ich habe Bergman erst recht spät - vor etwa 2 Jahren - für mich entdeckt. Vorher hatte ich durchaus Filme von ihm gesehen, aber wie es gute Bücher gibt, die man zwei- oder dreimal halbgelesen wieder weglegt, so gibt es bei mir auch immer wieder Filme, die ich erst beim Wiedersehen oder zu einem bestimmten Zeitpunkt schätzen kann. "Persona" war so ein Film für mich. Während ich vorher wenig bis gar nichts mit dem Genre des Psychogramms anfangen konnte, hat dieser und einige der Filme Bergmans, die ich,auf den Geschmack gekommen,im Anschluss gesehen habe, dass es fruchtbar möglich ist, aus psychischen Konstellationen Filmhandlungen zu gewinnen, die der Spannung nicht entbehren.

Im Falle Antonionis verdanke ich den Anstoss zur Beschäftigung Umberto Ecos Klassiker "Das offenen Kunstwerk". In diesem Buch, das zwischen den Polen der Malerei Jackson Pollocks und der erfundenen Literaturwelten von Joyce gründet, verweist Eco mehrfach auf Antonionis italienische Filme der frühen 60er Jahre. Diesen Filmen, unter ihnen Klassiker wie "L'avventura", "Il grido", "La notte", "L'eclisse" und der hierzulande etwas unbekanntere "Deserto rosso", eignet eine Seltsamkeit der Stimmung, die sich jedoch des formalen ästhetischen offen-sichtlichen Experiment vollkommen enthält und die Gespanntheit der Bilder und Einstellungen in den Dienst einer revolutionierten Narrativität stellt.

Antonioni, der wie die grossen Namen des Neorealismus an den Centri Sperimentale della Cinematografia ausgebildet wurde, gebührt das Verdienst, dem italienischen Film nach dem Neorealismus etwa eines de Sica für einige Jahre eine ruhige konzentrierte analytische Schärfe gegeben zu haben. Mit dem Erlebnis Antonionis im Kopf, erstaunt es mich immer wieder, wievieler Menschen Kenntnisse von italienischem Film sich auf den Neorealismus beschränken.

Gerade wenn man die Entwicklung von den frühen Filmen wie "Nettezza urbana" (1948), "Roma-Montevideo" (1948) und Antonionis Erstling "Gente del Po" (1943) hin zu den Filmen der 60er Jahre betrachtet, lassen sich die Berührungspunkte und Unterschiede Antonionis zu und mit den verschiedenen Autoren des neorealistischen Films erkennen. In schlicht gestrickter aber vielleicht lässlicher Vereinfachung könnte man sagen, dass es den Autoren des Neorealismus um die Sichtbarmachung individueller, von Individuen erlebter Geschichte zu schaffen ist mit dem Ziel einer Geschichte von unten. Antonioni geht es hingegen um Verhältnisse. Nicht jedoch in jenem reduktionistischen Sinne, wie das Wort in der Zeit der politischen Bewegungen ab Mitte der 60er Jahre gebraucht wurde, sondern um eher um das Ausloten von Positionen und Wechselwirkungen. Zwischen Menschen, zwischen Mensch und Raum, zwischen Menschen und den Entwicklungen, die um sie herum geschehen. Menschen sind, mehr als die erleidenden Individuen des Neorealismus Subjekte, die in den bisweilen absurden Settings zu agieren gezwungen sind.

Es ist in diesen Sinne, das ich etwas enttäuscht war, als beispielsweise die Tagesschau ihren Nachruf auf Antonioni ausschliesslich mit "Blow Up" und "Zabriskie Point" bestritt. Beide (und "Zabriskie Point" mehr noch als "Blow Up") scheinen mir jedoch eher weniger komplex und filmisch konsistent umgesetzt als Antonionis frühe Filme. "Blow Up" immerhin scheint mir, was den hilflosen Zwang zum Handeln angeht ein Bindeglied zu sein.

Antonioni wie Bergman scheinen mir gezeigt zu haben, wie erfolgreich Kino sein kann, das nicht mainstreaming sein will, ohne sich alle naselang künstlich davon zu distanzieren. Die Lücke im Eintreten für die Ruhe und Intensität der Erzählung, die die beiden hinterlassen, wird nun nur noch von Theo Angelopoulos markiert. Dessen zuletzt weniger überzeugende Filme allerdings lassen viel Platz.

PS: Während ich dies gerade zuende schreibe, flattert (können Feedabos flattern?) mir gerade diese berechtigte Philippika herein... Vielleicht ist der Post ja eine kleine Erwiderung darauf.

orcival 2. August 2007 (1 Shpiel) gefangen in Bildern der Kamera
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Jens Lien: Anderland [Den Brysomme mannen]


Einer der Highlights des diesjährigen Fantasy Film Festes (und zugleich einer der Filme für den es sich auch dann lohnt hin zu gehen, wenn man mit Fantasy so rein gar nix am Hut hat) ist definitiv "Anderland" [OT: "Den Brysomme mannen"/ eng. Titel "The Bothersome Man".

Andreas hat den perfekten Job, einen Chef der ihn alle naselang fragt, ob er auch nicht zu viel arbeiten muss, eine nette Frau und sollte doch nun also bitte gefälligst mal glücklich sein. Ist er aber nicht. Und zwar weil das Eis nach nix schmeckt und seine Frau nur an Innenarchitektur denkt. Das ist so in etwa die Grundidee des Films.

Was nach nicht viel klingt, ist eine adäquat-zugespitzte Gesellschaftssatire zwischen "Brazil" und "Budbringeren" (der hierzulande unter dem recht schwachmatischen Titel "Wenn der Postmann gar nicht klingelt" lief). Mit "Budbringeren" teilt "Den Brysomme mannen" auch den Hauptdarsteller Trond Fausa Aurvaag. Bemerkenswert an der Umsetzung des Films sind die ruhigen, wunderschönen, absurden Bilder, in denen Regisseur Jens Lien und Kameramann John Christian Rosenlund die Geschichte erzählen. So beginnt der Film mit einer Szene, in der Andreas auf die U-Bahn wartet und sich ein Pärchen neben ihm scheinbar innigst küsst. Der Zoom auf das Pärchen zeigt die Dinge jedoch ein wenig anders. Mechanische Bewegungen, die durch die gleichgültig ins Unendliche gerichteten Augen eher nach Kaugummikauen als nach leidenschaftlichem Küssen aussehen.

Zugleich ist es interessant zu bemerken, dass der Film die Geschichte nicht wie etwa "Brazil" in einem sichtbar erfundenen Setting durchspielt, sondern in einem nur wenig überspitzten Alltag, de rgeprägt ist von Sauberkeit, Ordnung und Anpassung. Kritik an der Sterilität und Oberflächlichkeit des Lebens werden in "Den Brysomme mannen" stets zurückgewiesen mit dem Verweis, den meisten gehe es doch gut.

Lien, Rosenlund, Aurvaag und die anderen führen uns in ihrem Film das Grauen des Alltags nüchtern vor Augen.

orcival 27. Juli 2007 (0 Shpiel) gefangen in Bildern der Kamera
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Helke Sander: Die allseitig reduzierte Persönlichkeit ReduPers


Der in den 60er und 70er Jahren bei der westdeutschen Linken viel diskutierte Lenin schrieb, im Kommunismus müsse jede Köchin lernen, die Staatsgeschäfte zu führen. Die Protagonistin in Helke Sanders Film über den alltäglichen Kampf der Fotografin Edda Chiemnyjewski ums wirtschaftliche Überleben untersucht 20 Jahre vor dem Aufkommen des Begriffs die prekarisierte Beschäftigung unter Bildjournalisten. Edda muss nicht einmal die Staatsgeschäfte leiten, um alle Hände voll zu tun zu haben: der Beruf, die Beziehung, das Kind...
Überall muss sie zurückstecken, muss sie sich reduzieren lassen, um überhaupt mit ihrem Leben zu Rande zu kommen: kurzum sie muss das an sich erleben, was aus der Mode gekommen ist als 'kapitalistische Zurichtung' zu bezeichnen.



Die langen Einstellungen des Films, mit denen Sanders die Durchdringung von Beruf und Privatleben, von der dauernden Suche nach dem Bild in den Film umsetzt, brauchen aus heutiger Sicht eine gewisse Eingewöhnungszeit, die Mühe wird aber durchaus mit inhaltlich wie ästhetisch ansprechenden anderthalb Stunden belohnt.

orcival 27. Juli 2007 (0 Shpiel) gefangen in Bildern der Kamera
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Helke Sander: Der Beginn aller Schrecken ist Liebe


"Der Beginn aller Schrecken ist Liebe" handelt von der Dreiecksbeziehung zwischen Freya, Irmtraud und Traugott. Eigentlich sind Irmtraud und Traugott ein Paar, aber neuerdings zeigen auch Freya und Traugott vermehrtes Interesse aneinander.
In dieser beschäftigt sich Helke Sander mit den heterosexuellen Beziehungsvorstellungen im Westdeutschland der 80er Jahre. Immer wiederkehrende ironisierende Kitschszenen und Schnipsel aus Filmen durchbrechen die - man mag mutmassen - gewollt dröge Atmosphäre eher zeigender als spielender SchauspielerInnen.
"Der Beginn aller Schrecken ist Liebe" wirkt heute durchaus zwiespältig, da er sich als Fernsehproduktion einer stärkeren Auseinandersetzung mit filmischen und inhaltlichen Konventionen befleissigt als etwa "Redupers". Die Ironisierung bleibt jedoch ebenso zeitverhaftet wie die filmische Aufarbeitung. Das Thema, die Darstellung einer auf Härte orientierten Gesellschaft gegen die sich die Rebellion in den Beziehungsvorstellungen richtet(e) und einzelne Szenen sind andererseits durchaus noch immer spannend.

orcival 27. Juli 2007 (0 Shpiel) gefangen in Bildern der Kamera
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Helke Sander: Völlerei? - Füttern!


"Völlerei? - Füttern!" ist ein brilliant amüsanter Kurzfilm von Helke Sander, die in ihren längeren Filmen oft zur Intellektualität neigt. Der Plot ist schlicht und schnell erzählt: Adam und Eva im Paradies, Eva isst den berühmten Apfel, Adam knabbert auch ein wenig daran, schiebt nach Gottes Standpauke aber alles auf Eva.



Sanders Inszenierung der Geschichte mit einem Zottel-behangenen Adam und einer ebenso zotteligen Eva, deren äffisches Herumgehüpfe, die Art wie Eva vernehmlich schmatzend und sabbernd den Apfel verspeisst, all dies sieht nach viel Spass bei den Dreharbeiten aus, der sich beim Sehen überträgt...



Gleichzeitig ist der Film aus heutiger Sicht natürlich auch eine Wiederentdeckung wert, wie feministische Debatten der 80er Jahre sich mit spassiger Umsetzung verbanden. Allgemein scheint mir Politik vor 1990 ja doch meist eher als unspassig wahrgenommen zu werden. Man kann das einfach nicht oft genug widerlegen.


orcival 27. Juli 2007 (0 Shpiel) gefangen in Bildern der Kamera
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Susanne Ofterdinger: Nico - Icon


Es war ja fast abzusehen und das Thema gibt ja nun auch durchaus einiges her. Jedoch, jedoch Susanne Ofterdingers Porträt der Ikone Nico (deren ganzer Zwiespalt zwischen Glamour und Bürgerlichkeit klar wird wenn man ihren bürgerlichen Namen Christa Päffgen liest/hört) ist denn doch leider etwas konventionell geraten.

Der Film bietet natürlich Interviews mit Angehörigen, Freunden, Freundinnen, Weggefährten und ähnlichen Menschen und (man muss dies seit einiger Zeit bei Musikdokus ja gesondert vermerken) erspart der Menschheit einen weiteren Auftritt von "How I Saved the World on My Own"-Bono. Dabei wird natürlich in gewisser Hinsicht ein Kaleidoskop von Geschichten und Geschichtchen erzählt, aber irgendwie schafft der Film es nicht so recht rüberzubringen warum einen das heutzutage interessieren sollte.



So kann man den Film sehr gut gucken, wenn man schon immer mal nen Film über Nico gucken wollte, oder sich einem vermeintlichen Seitenarm der Warholiana widmen möchte, aber eben hier scheinen mir auch die vergebenen Chancen zu liegen, denn der Film stellt gut unter Beweis, dass man das damals revolutionäre Nicos eben nicht durch ein Nachzeichen der Biographie aufweist. Wahrscheinlich hätte man solche Interviewpartnerinnen wie z.B. Cyndi Lauper gebraucht, um zu erfahren wie die Wahrnehmung war. Denn gerade im Falle Nicos scheint mir die Wechselwirkung zwischen Wirkung, gewünschter Wirkung, Pose und Leben grundsätzlich für das Verständnis zu sein, weshalb Nico so gelebt hat, wie sie gelebt hat. Ausserdem hätte die Lauper Cyndi vielleicht ja auch die Anschlussfähigkeit für solche Phänomene wie Punk oder die in den 70er/80ern aufkommenden Elektrogeschichten aufzeigen können.



Anderen Punkte, denen der Film keine rechte Aufmerksamkeit schenkt, die aber immer mal wieder anklingen, sind etwa die Sexualpolitiken im New York der 60er Jahre und der Warholschen Factory darin oder auch dass das Phänomen der ganzen Warholgeschichten überhaupt viel zu interessant ist, um es der in Fachgrenzen denkenden Kunstgeschichte zu überlassen. Merke: wer Warhol im Rahmen aufhängt, hat weniger als die Hälfte verstanden.



Schön an dem Film ist es andererseits, dass er aufräumt mit der Mär, Nico sei doch "die da von Velvet Underground und der Factory gewesen" und zeigt, dass es eher so war, dass die Factory Crew fasziniert war von dem was Nico als Phänomen schon vorher war.

Als kleiner ergänzender Sehtipp sei hier mal wieder auf "Nomi Song" hingewiesen. Und wem es zu viel ist, sich zwei Filme hintereinander anzusehen, der gucke wenigstens die Nomi-Performances aus den Extras der "Nomi Song"-DVD...

orcival 27. Juli 2007 (0 Shpiel) gefangen in Bildern der Kamera
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Dana Goldberg: Masha / Alpha


Im Rahmen der Feier zum 5 jährigen Bestehen von mec Film, das sich unterdessen zu der Adresse für Kino aus den palästinensischen Gebieten (zumindest dem was man bis letzten Mittwoch noch so einfach so nennen konnte) und für entlegenere Filme aus Israel gemausert hat, lief eine Reihe von Kurzfilmen. Eigentlich müsste man über beinahe alle diese Filme schreiben, da aber leider zeitgleich das Jewish Film Fest (Hinweis siehe hier) anläuft wird meine Zeit knapper und ich beschränke mich auf die beiden Filme, die mich am stärksten beeindruckt haben: Masha und Alpha von Dana Goldberg.

Die beiden Kurzfilme sind Goldbergs neuste und offenbar auch die letzten bevor sie sich an ihr erstes Langfilmprojekt wagt. Beide Filme handeln von Situationen mit Erfahrungen von Macht und/oder Ohnmacht.

Masha (2005) handelt von einer Castingsituation eines 14 jährigen Jungen. Durch die rüden und zunehmend indiskreten Fragen von Masha, der fiktiven Regisseurin, die das Casting leitet, fühlt er sich zunehmend verunsichert, ist zugleich aber nicht in der Lage das Setting 'Casting' zu sprengen. Gezeigt wird das Geschehen durch die Kamera, hinter der man als Zuschauer Mashas Offstimme vermutet.
In der letzten Einstellung erscheint Masha schliesslich selbst vor der Kamera und setzt sich zu dem Jungen aufs Bett. Nach einigen weiteren Fragen versucht sie, den Jungen dazu zu bewegen, ihren Busen zu berühren. Nach anfänglichem Herumdrucksen, das zunehmend zu einem Gerangel wird flieht der Junge und Masha bleibt allein zurück.



Der zwei Jahre spätere Alpha handelt von den letzten Minuten eines ersten Dates zwischen zwei Frauen. Die erste Einstellung der weinenden jüngeren Frau, die weinend und mit gefesselten Armgelenken in den Armen der älteren liegt, legt zunächst eine Art Mutter-Tochter-Beziehung nahe. Im Laufe der nächsten Minuten wird jedoch klar, dass es sich neben dieser Beziehung eines eher einseitigen Sorgens um ein lesbisches Verhältnis handelt. Als die ältere der beiden schliesslich Zeit für sich braucht, geht die andere wütend an die Decke und erklärt die angehende Beziehung für beendet. Die ältere Frau bleibt allein in ihrer Wohnung auf dem Bett sitzend zurück.

Das für mich beeindruckendste an den beiden Filmen von Dana Goldberg war die seltsame Atmosphäre von unvermittelten Übergängen zwischen Emotionen und Machtverhältnissen, die durch die räumliche und - im Film - zeitliche Beengtheit noch intensiver wird. Das schwarz-weiss der Bilder verstärkt diesen konzentrierten oder vielleicht besser kondensierten Eindruck. In all dieser Enge gelingt es Goldberg trotzdem auch die Verletzlichkeiten aller Protagonisten zu skizzieren.

Angesichts dieser Fähigkeit zur Kondensierung von Situationen in Kurzfilmminiaturen wird Goldberg Langfilmdebut - wie immer es aussehen wird - allein schon wegen des Ansatzes und der notwendig gewordenen Transformierungen mit Spannung zu erwarten sein.

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Beide Filme sind im Verleih von mec Film. Zumindest von Masha gibt es auch eine DVD on demand. Zudem gibt es auf der Seite von mec Film zu beiden Filmen Pressemappen, die lesenswerte Passagen mit Äusserungen von Dana Goldberg bieten:

Pressemappe zu Masha
Pressemappe zu Alpha

orcival 18. Juni 2007 (0 Shpiel) gefangen in Bildern der Kamera
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Le Péron/ Smihi: J'ai vu tuer Ben Barka


Dem vorbestraften Georges Figon, der sich als Verleger und Produzent mehr schlecht als recht über Wasser hält bietet sich eines Tages die Chance seines Lebens: ein Vertrauter des Hoffnungsträgers der antikolonialen Bewegungen Nordafrikas, Mehdi Ben Barka, beauftragt ihn mit der Produktion eines Films über den Kolonialismus, der wenige Monate später eine Konferenz auf Cuba eröffnen soll.



Kurze Zeit später wird Ben Barka unter bis heute nicht engültig geklärten Umständen entführt und ermordet. Der Film des Regieduos Serge Le Péron/ Saïd Smihi versucht sich in der Adaption dieses französischen Skandals der 60er Jahre als Thriller. Der Thrill will sich jedoch nicht recht einstellen...



J'ai vu tuer Ben Barka ist mit seiner eher konventionellen Ästhetik eines modernen Historienfilms eher wegen der sorgfältig recherchierten und interessanten Darstellung der zweifelhaften Methoden sehenswert, mit denen sich die Noch-Kolonialmächte der antikolonialen Bewegungen zu erwehren versuchten. In der Darstellung der Rückkehr der Gewalt aus der Kolonie in das Mutterland hat der Film einige Parallelen zu Alain Tasmas Nuit Noire, 17 octobre 1961.

orcival 27. Mai 2007 (0 Shpiel) gefangen in Bildern der Kamera
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