
Manchmal ist es einfach beruhigend zu sehen, wie reizarm Werbung einmal war. Heutzutage *Verfallsgejammere einblend* ist das ja alles so... bunt ... und ... schnell... ganz anders dies hier:
Admiral Cigarette
PS: sehr cool auch dieser Village People Aufzug der Jungens im Clip...
orcival
6. Februar 2007
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Louis Feuillades Serial Les Vampires von 1915 war Gaumonts Antwort auf die erfolgreiche Serie des Konkurrenten Pathé The Mysteries of New York (auch bekannt unter The Exploits of Elaine).
Feuillade hatte zuvor bereits mit einer Reihe von Fantomas Filmen bewiesen, dass er im Genre der populären Massenunterhaltung zu beachtlichem im Stande war. Les Vampires nun waren Feuillades erstes Serial aus eigener Feder.
Die Reihe Les Vampires handelt von den Abenteuern des unerschrockenen Journalisten Guérande, der eine Bande von Verbrechern unter der Führung der Oberverbrecherin Irma Vep (ein Anagramm von Vampire), die die Pariser High Society terrorisiert, unbeirrbar verfolgt. Guérande stets zur Seite steht sein treuer Gefährte Mazamette, selbst ein ehemaliger Vampir.

Zu den beeindruckensten Aufnahmen aus Les Vampires gehören noch heute die Szenen über den Dächern von Paris. Feuillade gelingen in LES VAMPIRES (wie der Oxford Companion to Film so schön formuliert) vor allem "durch seine visuelle Poesie und eine fröhliche Mißachtung jeglicher Logik und Konsequenz", immer wieder Episoden voller detailversessenem Aberwitz.
Es dürften nicht zuletzt diese Elemente gewesen sein, die die Attraktion Feuillades für die Surrealisten ausmachten. Hinzukam die Art wie Feuillades Vampire ihre Verbrechen begehen und sich dabei einen niedrigschwelligen Krieg mit der Gesellschaft liefern.
Der Topos des Verbrechers, der ausserhalb der Gesellschaft stehend, die Gesellschaft in Frage stellt und kritisiert, hält sich in popularisierten Kritikformen. Etwa in der Romantisierung der Figur des Mörders durch Sartre und de Beauvoir wieder.
Daher dürfte es zugleich gelten, in Les Vampires ähnlich wie in Eugène Sues Les Mystères de Paris, die von 1842-43 in Le Journal des Débats erschienen, die Folie für eine popularisierte soziale Kritik zu erkennen. Für Sue hat dies recht früh übrigens Antonio Gramsci in noch heute aufschlussreicher Form in zahlreichen Einträgen in seine Gefängnishefte getan.
Auch wenn Les Vampires heute etwas repetitiv wirken mögen, so ist doch ein Blick auf diese Urahnin aller Krimiserien auch heute noch ebenso unterhaltsam wie filmhistorisch interessant. Das kolportagehafte und die Faszination der Geheimgesellschaft wie sie in Les Vampires anklingen findet sich in ganz ähnlicher Weise auch in Fritz Langs Die Spinnen von 1919/20.
Feuillades spätere Arbeiten wie die Reihe um jene Mischung aus Zorro und The Shadow namens Judex erreichten das Niveau und die Qualität von Les Vampires nicht mehr.

Für eine detaillierte Untersuchung der Attraktiviät Feuillades für die Surrealisten siehe auch Robin Walz Essay: Serial killings: 'Fantomas', Feuillade, and the mass-culture genealogy of surrealism (Anmeldung erforderlich)
Für eine Untersuchung zu Musidoras Rolle siehe:
Annette Förster: Schwärmerei für einen Schatten. Musidora und das Nachleben von Irma Vep (S. 51-76), in: Monntage AV 8. Jg. [2002], H. 2
und offline:
Elizabeth Ezras Essay The Case of the phantom fetish: Louis Feuillade's Les Vampires in: Screen 47 [Summer 2006], 2, Seite 201-211, der vor allem für die Verbindung zwischen Les Vampires und dem Ersten Weltkrieg interessante Analysen bietet.
orcival
6. Februar 2007
(2 Shpiels)
gefangen in Bildern der Kamera
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Dabei meint irrelevant unabhängig von aller handwerklichen Fähigkeit jene Art Filme zu machen, die mit dem geographisch unverortbaren Schlagwort "neue Berliner Schule" verbunden ist; steht diese Kategorie doch dafür, meist unter der Fittiche des Kleinen Fernsehspiels des ZDFs von jedweder Kritik gereinigte Nabelschauthemen der Mittelschicht zu thematisieren. Prototypisch dafür etwa Henner Wincklers Filme "Klassenfahrt" und "Lucy". Dass der selbe Autor auch anders kann sieht man etwa wenn man feststellt, dass Henner Winckler auch an Yüksel Yavuz "Kleine Freiheit" mitgeschrieben hat.

Doch zurück zu Vier Minuten: wie weithin besprochen behandelt der Film die Beziehung zwischen der Pianistin und Gefängnisklavierlehrerin Traude Krüger (Monica Bleibtreu) und der Inhaftierten Jenny von Loeben (Hannah Herzsprung).
Jenny von Loeben ist eines jener Wunderkinder, von denen Andre-Rieu-begeisterte-Klassikfreunde träumen. Unterdessen sitzt sie im Gefängnis, weil ihr Vater (Vadim Glowna) sie zu missbrauchen begann, als sie kein Wunderkind mehr sein wollte.
Traude Krüger wurde von den Nazis, für die sie arbeitete, dazu gebracht, ihre Geliebte zu verraten. Dies ist einer der Gründe für sie gewesen den Ort dieses Geschehens nie zu verlassen. Und so bringt sie nun Gefängnisinsassen bzw -personal das Klavierspielen bei.

Die rassistischen ("Negermusik") und verquast bildungsbürgerlich-muffigen (wie das Zitatespiel mit dem Wärter Mütze) Extravaganzen und Ausraster der Frau Krüger wirken immer ein wenig wie die Illustration jenes Satzes von Walter Benjamin aus seinen beiden grossen geschichtstheoretischen Arbeiten, es sei niemals ein Dokument der Kultur, ohne zugleich ein solches der Barbarei zu sein.

Am Ende schmuggelt Frau Krüger Jenny aus dem Knast, um ihr die Teilnahme an einem Klavierwettbewerb zu ermöglichen. Zur Anmeldung muss Jennys Vater ihre Identität bestätigen. Wie in dieser Szene das ineinanderverwobene Personengeflecht gegen alle Sympathien miteinander interagieren muss, dies allein ist eine Meisterleistung des Drehbuchs.
Und so sind von allen Minuten des Film nur jene vier des Wettbewerbsvorspiels affektiert. Jene bildungsbürgerliche Grinseveranstaltung zur Bühne für das Dekonstruieren des Klavierklassikers Schumanns zu machen, wirkt ein wenig zu viel, aber dies ist man gerne bereit zu verzeihen nachdem man 106 Minuten begeistert verfolgt hat wie es Chris Kraus gelingt, seine Geschichte zu erzählen.

Um auf die Kritik der "neuen Berliner Schule" vom Anfang zurückzukommen: seit einiger Zeit kristalliert sich etwas heraus, was dieser entgegenläuft. Und so möchte ich in dieser Besprechung die These aufstellen, dass eine Reihe von Filmen zu denen Vier Minuten unbedingt gehört der Tabatabai-Schule angehören.
Um dazu zu gehören ist es, bei aller Bewunderung für Jasmin Tabatabai nicht nötig, dass diese mitspielt, gemeint ist viel eher eine Reihe von Filmen (Kleine Freiheit, Fremde Haut und mit Einschränkungen Requiem), die die Gesellschaft vom Rande her erzählen. Und eben dies ist im Spielfilmbereich durchaus als politisches Statement zu werten.
Dass andererseits gerade Jasmin Tabatabai für diese Art Filme steht, zeigt wie sehr bestimmte Bilder von "den anderen" (warum sonst heisst Tabatabais Rolle in Vier Minuten "Ayse"?) noch immer im Spielfilm vorherrschen. Und so dürfte es kein Zufall sein, dass alle diese Filme progressiv eher im Hinblick auf ihren Umgang mit sexueller Identität sind, als (mit Ausnahme von Kleine Freiheit) in Hinblick auf ihre Darstellung von MigrantInnen.
Homepage von Vier Minuten
orcival
4. Februar 2007
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gefangen in Bildern der Kamera
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This Place Called Hope
orcival
31. Januar 2007
(0 Shpiel)
Annonciertes
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Die Veranstaltung rankte sich um die Vorführung von Myrna Maakarons "Berlin - Beirut". (In Zusammenhang mit diesem Film gab es ja letztens in Potsdam auch eine kleine Reihe, deren Beschreibungen eine politische Fragwürdigkeit ahnen liessen, schlussendlich hielt mich aber der Fahrweg nach Potsdam ab, diese zu verifizieren.)
Aus Gründen, die schon weniger klar waren, begann das Filmprogramm dann allerdings mit Gefilme (des Goetheinstitus in Beirut), das man mit mehr gutem Willen als mir nun gelingen will, wohl als Momentaufnahmen aus Beirut bezeichnen will. Wenn man dabei allerdings die Belagerung des Regierungsgebäudes durch Hizbollahanhänger und Bilder wie kleine Kinder Hizbollah-Merchandising verkaufen als (Zitat) "Politcamp" bezeichnet, beginnt das ganze doch eher naiv zu werden.
Ich sage bewusst naiv, weil diese Bilder auch als Aufhänger einer Diskussion hätten dienen können. Hätten können, haben aber nicht. Statt dessen wurde auf die anschliessende Soli-Vokü mit irgendwelchen Organisationen im Libanon verwiesen.
Ich gestehe gerne zu, vom Libanon als solchem nur eingeschränkte Kenntnisse zu haben, was ursprünglich auch ein Grund war, die Veranstaltung zu besuchen, aber gegangen bin ich letztlich genauso schlau wie vorher, nur um die Sichtung von 3-4 schlechten Filmen reicher.
Im Anschluss gab es nämlich noch einen recht unklaren Film über Menschen, die ein Visa in der amerikanischen Botschaft beantragt haben und dafür nach Zypern müssen. Nun ist es zugegebenerweiss sicher kein reines Vergnügen für ein Visa aus dem Libanon nach Zypern zu fahren, aber halt auch kein Beinbruch.
Und der Umgang der Botschaftsangestellten war eher desinteressiert freundlich, als dass er die andauernden Betonungen angeblich erniedrigender Behandlung gerechtfertigt hätte.
Für das Publikum der Veranstaltung sprach übrigens, dass das dauernde Gejammer im Film irgendwann eher zu Lachern und der Fragen führte, warum denn keine deutsche Botschaft gezeigt würde.
Insgesamt war der Film eher ein Beispiel, dass es offenbar im Mashrek derzeit nicht möglich ist, einen nicht-selbstreferentiellen Film hervorzubringen. Denn in eigentlich ähnlicher Weise wie beispielsweise "Yacoubian House" ergeht sich der Film in der Darstellung von Handlungen, die in den jeweiligen Ursprungsländern irgendwie politisch konnotiert sind.
Dass diese Konnotationen andere sind, als wenn die Filme hierzulande laufen, oder gar von unreflektierten StudentInnen zur Illustration ihrer kruden Ansätze benutzt werden, sollte klar sein.
Wie auch immer, im Anschluss musste man sich noch durch ein Frühwerk von Maakaron über ein Kind das durch Beirut läuft, einen Blinden trifft und der erzählt ihr dann von seiner "Welt" der Phantasie - gähn!
"Berlin - Beirut" war nach alle dem eher erfreulich, weil es sich eigentlich keine politischen Gestus gab und ansonsten schlicht professionell gemacht war.
Das Ärgerlichste des Abends blieb also, dass die implizite politische Aussage nicht thematisiert wurde und also ein Streit erst herbeigeführt werden müssen (wozu mir letztlich doch der Nerv fehlte). Nach dem Filmen begann das allgemeine tanzende Divertimento und ich radelte irritiert genervt nach Hause...
orcival
31. Januar 2007
(2 Shpiels)
diese Welt macht mich kotzen
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